Das neue Kindergeld der SPD

Die SPD will, dass Familien gerechter gefördert werden. Momentan profitieren Wohlhabende über den Kinderfreibetrag deutlich mehr als Normal- und Geringverdiener über das Kindergeld. Das will die SPD ändern und Hürden abbauen. Wir beantworten hier die wichtigsten Fragen zum Neuen Kindergeld der SPD [PDF, 110 kb].

Die Grünen sowie mehrere SPD-Landesverbände (u.a. NRW) fordern eine Kindergrundsicherung in Höhe von 500,- Euro für jedes Kind. Dies würde Kosten in Höhe von 30 bis 35 Milliarden Euro verursachen und ist deshalb nicht realistisch. Das neue Kindergeld ist dagegen eine realistische Antwort der SPD auf die Ungerechtigkeiten im Familienleistungsausgleich.

Die SPD legt ihren Fokus auf Investitionen in bessere Bildung und Betreuung. Davon profieren alle Eltern – auch die besserverdienenden. Wir wissen, dass sich gerade Besserverdiener vor allem eine bessere Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur für ihre Kinder wünschen. Das ist für sie wichtiger als 10 Euro mehr oder weniger Kindergeld.

Die SPD ist mit ihrem realistischen Konzept für ein neues gerechtes Kindergeld glaubhafter als mit einem Konzept, das niemandem wehtut und ein nicht-finanzierbares Versprechen gibt.

Für viele ändert sich nichts. Sie bekommen – so wie heute – für die ersten beiden Kinder je 184 Euro Kindergeld, für das dritte Kind 190 Euro, für das vierte und jedes weitere Kind 215 Euro monatlich. Das heißt, auch nach der Reform bekommt niemand weniger als 184 Euro Kindergeld im Monat.

Es ändert sich etwas für Familien mit niedrigen Einkommen. Wer weniger als circa 3000 Euro brutto zur Verfügung hat, bekommt einkommensabhängig mehr – maximal 324 Euro. Auch heute können Familien mit wenig Einkommen einen Zuschlag erhalten. Die als Kinderzuschlag eingeführte Leistung ist aber kompliziert zu beantragen und wenig bekannt. Bis heute nutzt nur ein Drittel der Anspruchsberechtigten diese Leistung. Das Neue Kindergeld erweitert den Kreis der Anspruchberechtigten. Es führt das alte Kindergeld und den Kinderzuschlag zu einer Leistung zusammen: Zum neuen, gerechten Kindergeld.

Außerdem ändert sich etwas für Familien mit einem hohen Einkommen. Heute erhalten diese Familien über die Kinderfreibeträge mehr als Normal- und Geringverdiener über das Kindergeld. Auch diese Familien erhalten künftig maximal 184 Euro im Monat für das erste Kind.

Unabhängig vom Einkommen erhalten alle Familien weiterhin 184 Euro Kindergeld für das erste und zweite Kind, 190 Euro für das dritte und 215 Euro für jedes weitere Kind.

Für die meisten Familien wird sich also nichts ändern – das heißt für alle Familien mit einem Jahreseinkommen zwischen ungefähr 36.000 Euro und 74.000 Euro brutto jährlich bleibt alles beim Alten.

Mit dem neuen Kindergeld sollen jedoch Familien mit geringen und unteren mittleren Einkommen zusätzlich unterstützt werden (bei einer Familie mit zwei Kindern greift diese zusätzliche Unterstützung ab einem Jahreseinkommen von ca. 36.000 Euro brutto und darunter).
Das neue Kindergeld wird darüber hinaus dafür sorgen, dass der Mindestlohn von 8,50 Euro auch für Familien mit Kindern gängig ist und sie aus dem SGB II-Bezug herausholt.

Beispiele:
Eine Familie mit zwei Kindern und einem Monatseinkommen von 2.500 Euro brutto wird über das gerechte Kindergeld insgesamt 88,- Euro (44,- Euro pro Kind) mehr erhalten als heute (bisher erhält sie lediglich 184 Euro Kindergeld pro Kind). ?

Die zusätzliche Unterstützung reicht – je niedriger das Einkommen der Familie – bis zu 140 Euro pro Kind. Das neue Kindergeld richtet sich ausdrücklich an Familien mit einem geringen bis unteren mittleren Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Hartz IV-Empfängern wird das neue, gerechte Kindergeld angerechnet.
Im Gegenzug soll die Besserbehandlung von Familien in den obersten Einkommensklassen beendet werden. Sie erhalten nämlich aktuell über die kindbezogenen Steuerfreibeträge eine finanzielle Entlastung über die 184,- Euro Kindergeld hinaus. Diese Besserstellung wollen wir beenden. Künftig erhalten auch Familien in den obersten Einkommensklassen 184,- Euro Kindergeld wie alle anderen Familien, aber eben nicht mehr. Dies betrifft Familien mit zwei Kindern ab einem Jahreseinkommen von brutto 74.000 Euro – sie werden monatlich pro Kind 1,75 Euro weniger erhalten.

Beispiele:
Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 82.000 Euro brutto erhält monatlich ebenfalls 184,- Euro Kindergeld pro Kind (das wären pro Kind 9,67 Euro weniger als heute).

Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 102.000 Euro brutto erhält monatlich ebenfalls 184,- Euro Kindergeld pro Kind (das wären pro Kind 36,- Euro weniger als heute).

Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 142.000 Euro brutto erhält monatlich ebenfalls 184,- Euro Kindergeld pro Kind (das wären pro Kind 61,- Euro weniger als heute)

Doch, das Neue Kindergeld ist mehr. Wir legen diese beiden Leistungen zu einer zusammen und weiten gleichzeitig den Empfängerkreis in den unteren Einkommensbereichen aus. Viele erwerbstätige Eltern brauchen den Kinderzuschlag als zusätzliche finanzielle Unterstützung, weil ihr Einkommen nicht ausreicht, um auch den Unterhalt ihrer Kinder ausreichend zu sichern. Sie sind deshalb trotz ihrer Berufstätigkeit auf den Bezug von SGB II-Leistungen angewiesen. Der Kinderzuschlag beträgt monatlich bis zu 140 Euro je Kind und wird an Eltern für das in ihrem Haushalt lebende Kind gezahlt, wenn sie mit ihrem Einkommen zwar den eigenen Bedarf decken können, nicht aber den ihrer Kinder. Nur leider beantragen nicht alle, denen der Kinderzuschlag zusteht diese Leistung. Das hat unterschiedliche Gründe. Das Antragsverfahren ist kompliziert und aufwendig. Nur 5 Prozent der Gesamtbevölkerung ist der Kinderzuschlag bekannt. Selbst von den Beziehern des Kinderzuschlags können nur 45 Prozent gut Auskunft über die Details der Leistung geben. Darüber hinaus erhalten viele Antragsteller eine Ablehnung, in 2011 wurden 63 Prozent der gestellten Anträge abgelehnt. Die wenigsten können vor Antragstellung sagen, ob sie Ansprüche haben oder nicht. Zum anderen stellen nur etwa ein Drittel derjenigen, die Ansprüche auf den Kinderzuschlag haben diesen Antrag. Wir wollen mit dem Reformvorschlag für ein Neues Kindergeld den Anspruchsberechtigten zu ihrem Anspruch verhelfen. Das gelingt vor allem durch ein einfaches Antragsverfahren. Der bisherige Kinderzuschlag hat sich in dieser Hinsicht nicht bewährt.

Vom Neuen Kindergeld profitieren endlich alle Familien, die Anspruch auf den bisherigen Kinderzuschlag haben. Zusätzlich wird der Kreis der begünstigten Familien bei zwei Kindern bis auf circa 3000 Euro Bruttoeinkommen ausgeweitet. Der heutige Kinderzuschlag läuft bei etwa 2.300 Euro Bruttoeinkommen aus.

Ja, Prof. Dr. Joachim Wieland kommt in einem Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem Schluss, dass der Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes (BEA) nicht zum “sächlichen Existenzminimum” eines Kindes gehört. Er muss deshalb laut Verfassung nicht im Einkommenssteuerrecht berücksichtigt werden. Im Gegenteil: Die Berücksichtigung dieser nichtmonetären Bedarfe im Einkommensteuerrecht ist laut Wieland sogar systemwidrig und widerspricht damit dem Verfassungs-Prinzip des allgemeinen Gleichheitssatzes. Hintergründe dazu sind im Gesamtgutachten von Prof. Dr. Wieland [PDF] nachzulesen.

Für diese Familien ändert sich nichts. Das neue Kindergeld wird wie das bisherige auf die Regelsätze im SGB II angerechnet.

Um das zu veranschaulichen, zwei Beispiele:

Familien mit geringen Einkommen erhalten künftig mehr Kindergeld. Zum Beispiel: Vater arbeitet Vollzeit als Konditor. Mutter arbeitet halbtags als Verkäuferin. Zusammen verdienen sie 2.500 Euro brutto. Bei zwei Kindern erhalten sie durch das Neue Kindergeld 88 Euro mehr pro Monat.

Ein Akademikerehepaar (Vater arbeitet Vollzeit, Mutter 50 Prozent Teilzeit) mit einem monatlichen Einkommen von 6.000 Euro brutto und zwei Kindern wird aufgrund des Wegfalls des Freibetrags für Betreuung, Eerziehung oder Ausbildung monatlich um 13 Euro weniger erhalten. Sie erhalten künftig ebenfalls 184 Euro pro Kind und Monat, also 368 Euro pro Monat.

Familien beantragen weiterhin bei der Familienkasse ihr Kindergeld. Familien mit geringem Einkommen fügen ihrem Antrag den aktuellen Einkommenssteuerbescheid bei, um berechnen zu lassen, wie viel mehr Kindergeld sie über die 184 Euro im Monat hinaus erhalten.

Sollte sich die Einkommenssituation schnell und dramatisch ändern, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, aber der Einkommenssteuerbescheid noch nicht vorliegen, kann die Familienkasse diese veränderten Einkommenssituationen frühzeitig berücksichtigen und durch vorläufige Bescheide den Familien das erhöhte Kindergeld bereits vor dem vorliegen des Einkommenssteuerbescheides zugänglich machen.