„Ein Ostwestfale für Europa“

Gastbeitrag für die NW von Frans Timmermans, Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) für die Europawahl 2019, anlässlich des heutigen 60. Geburtstag von Achim Post, Minden-Lübbecker SPD-Bundestagsabgeordneter und SPE-Generalsekretär

Ostwestfalen-Lippe liegt buchstäblich in der Mitte Europas. Und ein Ostwestfale steht in der Mitte – und mit an der Spitze – der europäischen Sozialdemokratie: Achim Post, Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), geboren am 2. Mai vor 60 Jahren in Rahden.

1959, im Jahr von Posts Geburt, befand sich unser Kontinent auf der Frontlinie des Kalten Krieges. Kurz zuvor beendeten sowjetische Panzer die demokratischen Aufstände in der DDR, Ungarn und der Tschechoslowakei. Kurze Zeit später wird eine militärisch gesicherte Mauer Familien in Ost- und West-Berlin voneinander trennen. Aus den einstmals verfeindeten Staaten in Europa ist in den letzten 60 Jahren ein Bündnis befreundeter Nachbarn geworden. Ohne Grenzen, ohne Passkontrollen.

Und doch steht unsere heutige EU vor gewaltigen Herausforderungen von innen und von außen. Von innen drohen Populismus und Fremdenfeindlichkeit unser Zusammenleben zu zersetzen. Der Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit und der Missachtung von Menschenrechten dürfen wir nicht tatenlos zuschauen. Hier sind klare Haltung und beherztes Handeln gefragt – ohne Wenn und Aber.

Europäisches Friedensprojekt bedroht

Das europäische Friedensprojekt wird aber auch von Ungerechtigkeiten im Inneren bedroht. Wenn immer mehr Menschen trotz Arbeit arm sind, wenn jedes vierte Kind in Europa von Armut bedroht ist, wenn etwa jeder sechste Jugendliche arbeitslos ist, wenn Frauen im EU-Durchschnitt immer noch 16 Prozent weniger verdienen als Männer, dann kann es kein Weiter so geben.

Wir Sozialdemokraten schlagen daher die Einführung von Mindestlöhnen überall in der EU, eine europäische Kindergrundsicherung, die Ausweitung der europäischen Jugendbeschäftigungsgarantie und eine verbindliche Strategie zur Gleichstellung von Männern und Frauen vor. Kurz: ein soziales Europa.

Unser Europa wird zugleich auch von außen herausgefordert. Geopolitische Großmachtpolitik feiert im globalen Maßstab eine Rückkehr. Statt auf Abrüstung setzen nicht wenige Staaten vermehrt auf Aufrüstung, auch atomare Aufrüstung. Handelsinteressen werden teils immer offensiver und rücksichtsloser verfolgt, bis hin zu der Gefahr von Handelskriegen.

Dialog statt Konfrontation

Für uns Sozialdemokraten gilt: eine regelbasierte Ordnung, Multilateralismus, Wahrung von Menschenrechten, faire Wahlen und Demokratie sind die Richtlinien unseres Handelns – innen- und außenpolitisch. Wo immer möglich werden und müssen wir uns einer Erosion der regelbasierten Weltordnung entgegenstellen. Keine politische Kraft steht dafür glaubwürdiger als die Sozialdemokratie.

Aber auch die globale Klimakrise bedroht unseren Wohlstand. Die EU muss mehr unternehmen, um internationaler Vorreiter in Sachen Klimaschutz zu bleiben.

Wie soll es nun weitergehen mit der EU? Wir Sozialdemokraten Europas stehen für Dialog statt Konfrontation. Wir stehen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Wir stehen für eine nachhaltige Zukunft statt einer auf fossilen Brennstoffen basierender Wirtschaft. Wir wollen Europa nicht den Nationalisten und Populisten überlassen, die für alles eine einfache Antwort haben, aber für nichts eine richtige Lösung. Das ist unser Weg für ein starkes und gerechtes Europa.

Achim Post steht an der Spitze einer neuen Generation europäischer Sozialdemokraten, wie zum Beispiel die sozialdemokratischen Premierminister Portugals, Spaniens oder Schwedens, die Europa gestalten und diese Herausforderungen angehen wollen.

Erschienen in der NW vom 02.05.2019