Ruhig im Ton, hart in der Sache

Achim Post (2 v.re.) beim Isenstedter Ortsheimatpfleger Ewald Harre (2. v. l.) und seiner Frau Erika

Achim Post (2 v.re.) beim Isenstedter Ortsheimatpfleger Ewald Harre (2. v. l.) und seiner Frau Erika

In den Wochen vor der Wahl ist SPD-Bundestagskandidat Achim Post täglich unterwegs. Gespräche an Infoständen und Mitgliederehrungen bei Sommerfesten der Ortsvereine (“Rote Grills”) nimmt er routiniert und gern war. Am liebsten ist ihm jedoch der Tür-zu-Tür-Kontakt. Bei dem geht es vor allem darum, Nichtwähler und potenzielle SPD-Anhänger zu mobilisieren.

Nachmittag 16 Uhr: Der Bundestagskandidat der SPD ist mit dem vom Kreis geliehenen dreirädrigen Elektro-Tuk-Tuk in Espelkamp-Isenstedt unterwegs. André Stargardt vom SPD-Stadtverbandsvorstand Espelkamp chauffiert ihn. Vier Straßen hat Post schon geschafft, jetzt ist die Niederflegge dran. Ortsvorsteher Reinhard Bösch und der SPD-Stadtverbandsvorsitzende Jens Bölk begleiten ihn. Sie kennen jeden Einwohner und beruhigen (“Keine Angst.”), wenn mal jemand misstrauisch guckt.

Es ist warm. Post hat sich die Hemdärmel hochgekrempelt, geht locker über die Hofeinfahrt und klingelt an der nächsten Haustür: “Guten Tag, ich bin Achim Post. Ich bin hier, um Berlin für Sie zu gewinnen”, sagt der gebürtige Rahdener lächelnd, überreicht ein Wahlkampf-Faltblatt mit sechs “guten Gründen für die SPD” und eine Postkarte. Wer die ausfüllt – zum Beispiel eine Frage an den Kandidaten richtet – kann einen Berlin-Besuch für zwei Personen gewinnen.

In der Hauptstadt kennt Post sich aus: Seit 1999 leitet er die Abteilung Internationale Politik beim SPD-Parteivorstand; von 2002 bis Oktober 2012 war er zudem stellvertretender Bundesgeschäftsführer. Im September 2012 hat er seinen Wirkungskreis nach Brüssel erweitert, als Generalsekretär der sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien Europas.

Allein diese drei Aufgaben zeigen, über was für ein Durchsetzungsvermögen der in der Öffentlichkeit stets ruhig und freundlich auftretende Post verfügt. Anders geht es hinter den Kulissen zu. Gerade der Brüssel-Job sei “kein Kindergeburtstag”. Die Arbeit dort erfordere, Härte zu zeigen und beharrlich seine Ziele zu verfolgen: “Aber auch dafür verbiege ich mich nicht.”

Ähnlich beschreibt der SPD-Direktkandidat seinen Umgang mit Lokalmatador Steffen Kampeter (CDU). Die beiden duzen sich, sind aber nicht befreundet. “Wir haben ein Arbeitsverhältnis”, sagt Post. So behandelt er den CDU-Kandidaten, auch im Wahlkampf: “Es gibt klare inhaltliche Differenzen, die wir auch austragen – ordentlich und fair.”

“Was haben die denn so anzubieten?”, sagt eine Anwohnerin der Niederflegge, als das Trio weitergeht. Die Frau blättert kritisch im Flyer und schiebt ein “Ich hoffe, dass eintrifft, was sie versprechen” hinterher. Doch der Kandidat ist schon außer Hörweite. Er muss weiter: 60.000 Direktkontakte durch ihn selbst und die Partei haben die Sozialdemokraten sich vorgenommen. Post gefällt das: “Wir haben das zum ersten Mal fest eingebaut. Ich verstehe gar nicht, warum wir das nicht schon früher immer gemacht haben.”

Eine gute Stunde später fährt André Stargardt ihn in dem weißen Tuk-Tuk zum Sommerfest des SPD-Ortsvereins nach Alswede. Auf dem Hof von Angelika und Karl-Heinz Krone duftet es nach Bratwürstchen. Das Bierfass ist auch schon angestochen. Ortsvorsteher Günter Vullriede hofft, dass Achim Post keine Rede hält, sondern “an die Tische geht”. Und das macht er auch, “der Achim”, wie alle hier sagen.

“Was wäre die Demokratie ohne ihre Parteien, und was wären die Parteien ohne ihre Mitglieder”, philosophiert Post, während er langjährige SPD-Mitglieder ehrt. Vor 40 Jahren habe die SPD 46 Prozent der Stimmen erzielt und vor 50 Jahren, als Heinrich Kielhorn in die Partei eintrat, “war ich drei Jahre alt”, erzählt Post und erinnert an die Leistungen früherer SPD-Kanzler.

Sollte er es am 22. September in den Bundestag schaffen – und sein 1. Platz auf der OWL-Liste spricht dafür – will Post den Generalsekretärs-Posten in Brüssel aufgeben und mehr Gelegenheiten als bisher wahrnehmen, Kontakt zum Wahlkreis zu halten: “Jetzt bin ich sechs Wochen hier. Sollte ich es in den Bundestag schaffen, wäre ich zur Hälfte in Berlin und zur anderen Hälfte im Wahlkreis.”

Nach einem weiteren Besuch in Tonnenheide endet der Tag für Achim Post im elterlichen Haus, wo er die gesamte erste Etage für sich hat. Dort arbeitet er, dort ruht er sich aber auch aus. Er muss bei Kräften bleiben. Morgen ist er wieder den ganzen Tag unterwegs.

Quelle: NW vom 11.09.2013 von Frank Hartmann, Fotos: TYLER LARKIN